Frauen und Menschen weiblichen Geschlechts…

Statt wie üblich in der männlichen Form etwa „Geschäftsführer“, „Verbraucher“ oder „Schuldner“ zu schreiben, heißt es in dem Entwurf durchweg „Geschäftsführerin“, „Verbraucherin“ und „Schuldnerin“. Während Feministinnen und Feministen überall in Deutschland die Justizministerin dafür feiern dürften, hat das Innenministerium dem Referentenentwurf aus Lambrechts Haus widersprochen. Man wolle, heißt es, dass dieser sprachlich angepasst werde.

Das Problem liege ganz anders: „Nach Ansicht des Verfassungsministeriums hat das bei formaler Betrachtung zur Folge, dass das Gesetz möglicherweise nur für Frauen oder Menschen weiblichen Geschlechts gilt, und damit möglicherweise verfassungswidrig ist.“
https://www.sueddeutsche.de/politik/gesetzesentwurf-gendern-generisches-femininum-1.5064169

Das heißt: Das „Verfassungsministerium“ ist also der Meinung, dass Frauen beim generischen Maskulinum subsumiert sind, aber Männer nicht beim generischen Femininum. Ernsthaft? Wann enden eigentlich die 1950er endlich? Wann wird endlich akzeptiert, dass Frauen keine Unterkategorie von Männern sind! Und, nein, nur weil es auch Frauen gibt, die dem Blödsinn zustimmen und er vermutlich sogar mehrheitsfähig ist, wird er nicht richtiger… Es geht nicht um Geschlechterrollen oder allgemeinen Sprachgebrauch, sondern darum, dass wir Menschen anhand von biologischen Merkmalen in Hierarchien unterteilen. Damit hat das Verfassungsministerium aber offenbar kein Problem. Auch wenn das nur auf der sprachlichen Ebene ist, Sprache ist die Grundlage unseres Denkens und damit die Grundlage unseres Handelns (erinnert ihr euch an den Orwell?). Wir haben eine juristische und politische Gleichstellung der Frau, aber keine gesellschaftliche. Wir müssen mit solcher Flickschusterei wie Frauenquote arbeiten, weil wir es gesellschaftlich nicht auf die Reihe bekommen. Und wir bekommen es gesellschaftlich nicht auf die Reihe, nicht, weil wir es nicht wollen, sondern weil diese hierarchische Rollenverteilung tief in unserem (unterbewussten) Denken festsitzt. Auch bei den dadurch benachteiligten Frauen ist das nach wie vor tief verwurzelt und führt zu Verhalten, das es weiter verstärkt. Von daher würde eine Änderung des allgemeinen Sprachgebrauchs auch zu einer Änderung des Denkens beitragen.

Das generische Femininum sei nun mal sprachwissenschaftlich nicht anerkannt, so der Sprecher.

Und das hat welche juristische Relevanz? Entscheiden Sprachwissenschaftlicher über die Deutung unserer Verfassung? Das generische Femininum ist nicht anerkannt, weil es fast nirgendwo genutzt wird. Und daraus schließt man, dass man es nicht benutzen darf? Das ist ein klassischer Zirkelschluss. Und klassische Zirkelschlüsse sind Fehlschlüsse.

Mag sein, dass man damit vielleicht nicht unbedingt in einem Gesetzestext hätte anfangen sollen, aber irgendwo anfangen muss man mal.


Funfact am Rande: Das Pen & Paper-Rollenspiel Das Schwarze Auge, obwohl seinerzeit in den 1980ern vom Marketing her auf pubertierende Jungs ausgerichtet, hatte aufgrund des linken Hintergrunds der Autoren von Anfang an ein Gleichsstellungsparadigma, d.h. dass es keinerlei Unterschiede in den Werten oder spielerischen Möglichkeiten machte, ob man einen männlichen oder weiblichen Charakter spielte. Als Rollenspiel erwachsener wurde, weil die Spieler älter wurden, wurde das noch ausgebaut, indem man die Beschreibung der spielbaren Charakterklassen immer alternierte, einmal generisches Maskulinum, einmal generisches Femininum. Das tut keinem weh, niemand beschwert sich darüber (im Gegenteil, es kommt in der Community sehr schlecht an, wenn man es aus irgendeinem Grund mal anders macht) und man umgeht nebenbei das sperrig zu lesende Gendersternchen. Das einzige, was es brauchte, war ein bisschen Gewöhnung. Wie aber soll Gewöhnung entstehen, wenn man sich so etwas von Anfang an ständig verbietet?

Meinungen anderer Leute

Heute mal etwas aus der Rubrik: Wenn man selbst keine Zeit oder Lust hat, was zu schreiben, einfach mal auf Geschriebenes von anderen verweisen.

Carsten über die politischen Aussagen eines leitenden Beamten der Darmstädter Straßenverkehrsbehörde: http://blog.neunmalsechs.de/2019/10/10/wer-macht-die-verkehrspolitik-in-darmstadt/

Ich habe den Fall selbst nicht beobachtet und überhaupt eben erst davon erfahren, weshalb ich mich zumindest vorerst nicht konkret dazu äußern werde, aber prinzipiell ist es in Zeiten, in denen alle politischen Richtungen versuchen, komplexe gesellschaftliche Entwicklungen auf lineare, klar strukturierte Ursachen zu simplifizieren, vielleicht nicht schlecht sich bewusst zu machen, dass eine menschliche Gesellschaft ein chaotisches System ist, das man nicht wie bei einem Computerspiel durch ein Dutzend Stellschrauben kontrollieren kann, da die Realität ein offenes System ist.

Nebenbei, kleine Randbemerkung: Ich persönlich habe nie ein Auto besessen, außer Spielzeugautos als Kind und ein paar 1:18-Modelle als Jugendlicher. Ich hab’s überlebt… auch wenn’s einige Mal knapp war, weil es für Linksabbieger offenbar eine Zumutung ist, Fußgänger über die Ampel zu lassen.

Ach, und weil ich beim Verlinken anderer Blogger bin, Marcs Beitrag hier: https://zeitsturmradler.de/2019/10/08/quick-copy-paste-gewalt-in-partnerschaften-und-linksextreme-straftaten/ fand ich auch gut.

Geschichte, die sich als Farce wiederholt – warum der Fall Maaßen zeigt, dass wir uns als Gesellschaft weiterentwickelt haben

Erneut großes Geschrei um die neuerlichen Auslassungen des Ruheständlers in spe Hans-Georg Maaßen. Warum auch ins Innenministerium wechseln, um für sein Geld arbeiten zu müssen, wenn einen der Staat im „einstweiligen Ruhestand“ für das Nichtstun bezahlt. Etwaige Abzüge kann man ja gut mit Büchern und Vortragstouren im rechten Millieu ausgleichen, war schon für Sarrazin ein astreines Geschäftsmodell.

Ja, es erklärt einiges, wenn sich der Verfassungsschutzpräsident als rechter Verschwörungstheoretiker herausstellt. Trotzdem zeigt der Fall, dass sich die Republik in den letzten 25 Jahren maßgeblich weiterentwickelt hat.

Die Ausschreitungen in Chemnitz wurden des Öfteren mit den ausländerfeindlichen Ausschreitungen Anfang der 90er verglichen. Der Vergleich ist nur sehr bedingt richtig, zeigt aber, dass sich seither politisch viel verändert hat. Denn nach den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992 war es nicht etwa ein einzelner Staatsbeamter, der aufgrund eines gekränkten Egos noch einmal um sich biss, sondern ein Großteil des konservativen Spitzenpersonals, das eine linksradikale Verschwörung dahinter vermutete, inklusive des damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, der behauptete, die Ausschreitungen von Lichtenhagen seien von der Stasi gelenkt worden.

Heute dagegen erkennt auch die überwältigende Mehrheit in der CDU, was für ein dummes Zeug das ist. Das lässt hoffen, auch wenn am rechten Rand eine neue Partei für all die ausgelagerten rechten Verschwörungstheoretiker entstanden ist. Bald auch eine neue Heimat für Herrn Maaßen, ab sofort dürfen Wetten angenommen werden, bis wann er in die AfD eintritt. Wer richtig tippt, ist bestimmt Teil der linksradikalen Verschwörung!

Tausendjähriger Vogelschiss

„Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“

„Wir haben eine ruhmreiche Geschichte. Und die, liebe Freunde, dauerte länger als die verdammten zwölf Jahre.“

Das sind die Worte von Alexander Gauland (AfD), die zurzeit Empörung hervorrufen. Damian Lohr, der Vorsitzende der in Darmstadt gegründeten JA, der Jugendorganisation der AfD, packte sogar noch eines drauf und sprach von „12 von 2000 Jahren“, die ein „verschwindend geringer Anteil wären“.

1.000 Jahre? 2.000 Jahre? Wer bietet mehr? War vielleicht sogar Ötzi Deutscher? Um die Frage zu beantworten, ob die deutsche Geschichte erfolgreich oder „ruhmreich“ war, muss man erst mal klären, was denn zur deutschen Geschichte gehört?
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Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe

Nun war also Rafael Reißers Entscheidung Thema in der Stadtverordnetenversammlung: http://www.echo-online.de/sport/top-clubs/darmstadt98/darmstadts-stadtspitze-raeumt-fehler-beim-hessenderby-ein_16891507.htm

Zwei Punkte sind interessant: zum einen, dass Oberbürgermeister Partsch auf Rückfrage Helmut Kletts gesagt hat, dass er „die Reaktion der Stadt auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht für richtig“ hält. Eine klare Aussage, zu der sich der eigentlich verantwortliche Ordnungsdezernent Reißer immer noch nicht durchringen konnte. Dieser spricht dagegen davon, dass er es „im Nachhinein vielleicht so nicht mehr gemacht“ hätte. Vielleicht? Also eventuell doch? Selbst beim Versprechen, zumindest nicht noch mal einen so großen Mist zu bauen, bleibt er extrem schwammig.

Noch interessanter ist aber die Feststellung, dass das „Rechtsamt nicht zu den rechtlichen Maßnahmen gehört worden war“. Gepaart mit dem Eindruck, dass es wohl vor allem der Druck der Polizei war, der Reißer am Samstag umschwenken ließ, erzeugt das bei mir das Bild eines Sheriffs, der mit einer „Nicht-in-meiner-Stadt“-Attitüde meint, dass seiner Intuition von dem, was richtig und was falsch ist, gefälligst jeder zu folgen hat. Wie kann man in so einer Situation als Ordnungsdezernent nicht Rücksprache mit dem Rechtsamt führen?
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Reißer nimmt im Echo Stellung

Reißer nimmt Stellung: http://www.echo-online.de/lokales/darmstadt/fussball-hessenderby-buergermeister-reisser-sieht-ursache-der-entwicklung-bei-randalierenden-fans-im-hinspiel_16870239.htm

Dazu kann ich mich nur wiederholen: Einsicht, was falsch gemacht zu haben, sieht anders aus. Solange er nicht endlich offen und ehrlich und ohne ein angehängtes „aber…“ erst mal eingesteht, dass das, was er da gemacht hat, mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar war, ist er untragbar. Da müssen jetzt auch mal seine Parteifreunde mehr Druck machen. Es geht immerhin um das Ansehen der Stadt. Vorher kann man das eigentliche Problem auch nicht angehen, denn dass die Obrigkeit den Rechtsstaat verletzt, wiegt um ein vielfaches schwerer als ein evtl. provozierendes Verhalten einiger Eintracht-Spieler. Dass er in der Situation darauf zeigt, um von seinen eigenen Verfehlungen abzulenken, ist ein extrem unangebrachtes Verhalten.

Nachtrag: hier übrigens eine schöne Zusammenfassung, was Reißer und alle, die ihn dabei evtl. unterstützt haben, falsch gemacht hat: http://www.schwatzgelb.de/2016-05-04-im-fokus-wie-die-tore-der-stadt-darmstadt-verbarrikadiert-werden-sollten-und-der-sturm-ausblieb.html

Reißer und Hennemann und alle, die nicht verstehen wollen, warum so ein Verhalten untragbar ist, sollten sich das vielleicht mal durchlesen.

Wenn die freie Presse rechtsstaatswidriges Verhalten verteidigt… – Update

Eigentlich wollte ich das Thema nicht noch mal aufgreifen, doch nachdem ich heute den Kommentar von Lars Hennemann (hier), immerhin Chefredakteur des Echos, gelesen habe, muss ich es doch noch mal thematisieren, weil ich nicht glaube, dass das Echo als einziges relevantes Medium der Stadt so einen Angriff auf die Grundprinzipien des Rechtsstaates durchführen sollte.

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„Das zeugt schon von einem gewissen rechtsstaatsfernen Verhalten“

… so zumindest Jürgen Gasper, Gerichtssprecher des Verwaltungsgerichts Darmstadt, gegenüber dem Hessischen Rundfunk bzgl. der Ankündigung von Bürgermeister Reißer, dass die umstrittene 36-stündige Sperrzone für Eintracht-Fans trotz eindeutig anderslautendem Gerichtsurteil unverändert aufrecht erhalten bleibt.

Der Einschätzung kann ich mich nur anschließen. Es kann nicht angehen, dass die Exekutive die Entscheidungen der Judikativen ignoriert und einfach Fakten per Gewaltmonopol schafft. Und das nur, weil man von einem ordnungspolitischen Problem offenbar hoffnungslos überfordert ist. Ganz ehrlich, nach der Aktion heute wäre es ein Skandal, wenn Reißer im Amt bleibt. Er pfeift auf Gerichtsentscheidungen, provoziert eine Flut von Klagen gegen die Stadt, trägt zur Eskalation der Sache bei, zur Solidarisierung gegen polizeiliche Maßnahmen (!) – statt gegen die gewaltbereiten Idioten – und er schadet dem Ansehen der Stadt. Der Spiegel bezeichnet es schon als Posse und gibt gleich den Tipp mit, dass man als Eintracht-Fan ja morgen mit dem Eilantrag zum Verwaltungsgericht gehen könnte (das außerhalb der Sperrzone liegt) und danach gleich weiter in die Innenstadt. Das wird spaßig: wie schnell ist die Polizei wohl darüber informiert, wer sich noch so alles in der Innenstadt aufhalten darf?

Nachtrag 30.4. um 9.51 Uhr: Das Echo meldet gerade, dass das Innenstadtverbot aufgehoben wird. Es bleibt zu vermuten, ob man Reißer klargemacht hat, auf welch rechtsstaatlich fragwürdigen Niveau er sich befindet, ob es die Angst vor der zu erwartenden Klageflut war oder die simple Tatsache, dass die Situation für die Polizei zu unberechenbar geworden ist. Um den Eindruck zu zerstreuen, dass man von seinem Amt überfordert ist, ist das aber jetzt zu spät.

Fröhlich entschuldigt sich…

…sagt das Echo: http://www.echo-online.de/region/darmstadt/Doris-Froehlich-entschuldigt-sich-im-Parlament;art1231,3310667

Bzgl. Politikstil bleibt aber dennoch die Frage, wieso die Stadtverordnetenvorsteherin das Rechtsamt nicht gefragt hat, bevor sie eine solch absurde Pressemitteilung raushaut. Nichts ist peinlicher, als mit vollem Enthusiasmus und im herablassenden Ton andere zu belehren und dann von Leuten, die wirklich Ahnung davon haben, gesagt bekommen zu müssen: was du da erzählst, ist völliger Quatsch.

Addiert man das zu einigen anderen, für sich genommenen nur Kleinigkeiten, kann man mittlerweile nur zu dem Schluss kommen, dass Fröhlich von ihrem Amt vollkommen überfordert ist. Auch klärt das meiner Meinung nach nicht die Frage, warum keiner der, die da im Parlament mehrheitlich einem eindeutig die Geschäftsordnung verletzenden Antrag zugestimmt haben, sich nicht einmal dazu geäußert haben, zumindest mit einigen Tagen Abstand wäre das angezeigt gewesen.

Nachwehen der letzten Stavo-Sitzung – Runde 2

Mit ein bisschen Feingefühl, ein bisschen Empathie, etwas weniger Arroganz, Ignoranz und Selbstgefälligkeit hätte man die Sache schnell abhaken können, so aber geht’s jetzt erst richtig los. Ein kleiner Fehler, entstanden wohl nur deshalb, weil nach 7 Stunden Sitzung keiner mehr Lust hatte, offenbart nun ein merkwürdiges Demokratieverständnis bei einigen der führenden Grünenpolitikern der Stadt.

Nachdem die Grünen-Fraktionsvorsitzende Hildegard Förster-Heldmann einige seltsame Vorstellungen bezüglich der Aufgaben der Stadtverordnetenversammlung offenbart hatte, war kurz darauf auf Antrag der SPD mit Hilfe der grün-schwarzen Mehrheit über drei Magistratsanträge ohne Aussprache abgestimmt worden. Das war ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung, schien zunächst aber nicht so dramatisch zu sein. Man hatte eine Marathonsitzung von beinahe 7 Stunden hinter sich und wollte die Sache beschleunigen. An sich verständlich, nur geht das eben nur, wenn alle damit einverstanden sind und auf ihr Rederecht verzichten. Das war aber nicht der Fall.

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