Unkorrigiertes Stadtlexikon

Als 2016 das Stadtlexikon in einer Onlineversion verfügbar gemacht wurde, hatte ich zwei Beiträge geschrieben und darin enthaltene Fehler thematisiert.

Der Vorteil einer Online-Veröffentlichung gegenüber der ursprünglichen Printausgabe ist neben geringeren, kostenbedingten Einschränkungen im Umfang vor allem die Möglichkeit der Fehlerkorrektur und Überarbeitung.

Tatsächlich geschieht das auch regelmäßig, wie man auf der ersten Seite des Lexikons sehen kann.

Von daher habe ich mal geschaut, ob die von mir damals benannten Fehler nach 8 Jahren korrigiert wurden und … leider nein, nicht einer.

Immer noch heißt es beim Ortsnamen, dass es sich beim Ortsgründer bzw. Namensgeber „Darmund“, dessen Existenz selbst schon nicht belegt ist, „vermutlich um einen Wildhübner“ handelt. Auch wenn eine Wildhube Darmstadt dem Wildbann Dreieich zugeordnet war, dieser entstand zu spät, um für die Ortsgründung verantwortlich zu sein. Und ob die Wildhube Darmstadt überhaupt mit der Siedlung Darmstadt in direkter Verbindung stand, ist fraglich.

Zu Arheilgen liest man immer noch, dass die Gründung in „frühfränkischer Zeit (5./6. Jahrhundert)“ anzusetzen sei, obwohl schon der Name gegen eine so frühe Gründung spricht.

Immer noch ist dort zu lesen, dass Johann Conrad Dippel das Berliner Blau erfunden hätte, was schlicht nicht stimmt. Selbst seine durch Georg Ernst Stahl behauptete indirekte Beteiligung ist unwahrscheinlich. Aber auch, wenn Stahls Anekdote tatsächlich geschehen sein sollte, würde Dippel dadurch in keiner sinnvollen Definition zum Erfinder des Berliner Blaus werden.

Bei Alix Prinzessin von Hessen und bei Rhein liest man immer noch, dass Kaiser Wilhelm II. angeblich versucht hätte, den Ausbruch des 1. Weltkriegs durch Vermittlung von Großherzog Ernst Ludwig zu verhindern, was bestenfalls ungenau, schlimmstenfalls Kriegspropaganda und in jedem Fall ein am Thema vorbeigehender und daher in einem Lexikon unangebrachter Einschub ist.

Und die Totenmaske Shakespeares wird immer noch unkritisch als authentisch dargestellt, was ein wissenschaftliches Armutszeugnis ist. Während alles andere Fehler sind, die halt mal passieren können, ist dieser Artikel einfach nur zum fremdschämen.

Problem dabei ist, dass ein solches Stadtlexikon ein riesiger Multiplikator ist. Wenn ich auf meinem Blog hier einen Fehler mache, dann hat das üblicherweise kaum Folgen. Hat halt irgendein unbekannter Blogger von sich gefurzt. Wenn man das alles ernst nehmen würde. Aber ein Stadtlexikon wird zitiert, ist Grundlage von Recherche, wird (wenn überhaupt) weniger hinterfragt und führt so dann zu Argumentationen, die in sich vollkommen korrekt durchgeführt sein können und dennoch zu völlig falschen Schlussfolgerungen führen.

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