Lost & Abandoned auf dem Frankenstein oder: Wozu recherchieren, wenn wir schöne Bilder haben

Nach langem mal wieder etwas aus der Kategorie: Dinge, die man zufällig entdeckt und sich fragt, warum man sich das antut. Heute: Die Sendung Lost Places, die auf dem Spartensender Welt läuft, im Original kurioserweise Abandoned Engineering heißt und in beiden Fällen den Inhalt der Sendung nicht so recht beschreibt.

So erregte meine Aufmerksamkeit auch ein Bericht über die Burg Frankenstein, der vor Falschaussagen mal wieder nur so strotzt.

Mitwirkende sind:

  • Ralph Eberhardt, Pächter der Burggaststätte
  • Jim Meigs, Journalist und ehemaliger Herausgeber von Popular Mechanics, einem populärwissenschaftlichen Magazin aus den USA
  • Dominic Selwood, Historiker, dem unter anderem eine Fellow-Mitgliedschaft der Royal Historical Society verliehen wurde. Er sollte seinen Job also können. Spoiler: Er kann es nicht. Oder tut es zumindest in diesem Fall nicht.
  • Eine Frau, bei der zu keinem Zeitpunkt verraten wird, wie sie heißt, wer sie ist und warum sie kompetent sein soll, Aussagen zu dem Thema zu treffen. Weder der Abspann, noch der durchaus ausführliche Eintrag der Sendung auf IMDb haben das Rätsel lösen können.
  • Außerdem die Stimme von Norbert Langer, den Älteren unter uns vor allem als deutsche Synchronstimme von Tom Selleck bekannt.

Ich habe die Aussagen in vier Kategorien eingeteilt:

1) korrekt
2) im Prinzip korrekt, aber so wie es dargestellt wird, erweckt es einen falschen Eindruck.
3) geht auf einen oder mehrere Fakten zurück, die aber nur dazu dienen, einer dreisten Erfindung den Anschein von Seriosität zu verleihen.
4) Diese Kategorie möchte ich unter dem Kürzel POOYA zusammenfassen, ein Akronym für: Pulled out of your arse. Hier hat man sich nicht mal mehr die Mühe gemacht, irgendeinen historischen Fakt zu finden, den man entstellt, sondern hat einfach wild drauf los fabuliert. Hauptsache, es klingt gut.

Hier ein Link zu der Sendung: https://www.welt.de/mediathek/dokumentation/technik-und-wissen/lost-places/sendung245790348/Lost-Places-Folge-83.html
(nur für einen Monat verfügbar)

Der Teil über Burg Frankenstein beginnt bei ca. 33:50

[35.25]

  • [Dominic Selwood]
    „Um die Burg zu erreichen, wandert man durch einen düsteren, dichten Wald“.

Ähm, ja, wenn man den öffentlichen Parkplatz nutzt und nicht auf der Straße bis zur Burg fährt, kommt man auch ein paar Schritte durch den Wald. Keine 5 Minuten lang und entlang einer asphaltierten Straße. Hui, wie düster. Ich sage mal, das gehört in Kategorie 2.

[35.50]
Restaurant-Pächter Ralph Eberhardt tritt auf und wird als „Schloss-Manager“ vorgestellt. Er tut mir ein bisschen leid. Er wirkt sehr nervös, als er vermutlich versucht, sich an den lateinischen Wortlaut der Ersterwähnung zu erinnern (super castro in frangenstein) und irgendwas wie „Supero-Castle of Frankenstein“ stammelt. Später wird er so manipulativ geschnitten, dass es auf den Zuschauer so wirken muss, als hätte er Dinge behauptet, von denen ich vermute, dass er sie so gar nicht gesagt hat.

[36.03]

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „In der Kapelle des Schlosses steht eine Statue. Manche behaupten, sie repräsentiere kein Mitglied der Familie Frankenstein.“

Gezeigt wird das Grabmal von Philipp Ludwig von Frankenstein. Dass es kein Mitglied der Familie Frankenstein zeigen würde, ist ein klarer Fall von POOYA.

  • [Ralph Eberhardt]
    „Wenn man sich daneben stellt, ist der gute Mann 1 Meter 80 groß, also viel zu groß für seine Zeit. Diese Bedeutung, warum man das gemacht hat, oder er war wirklich so groß, das kann ja sein, das entzieht sich meiner Kenntnis.“

Mit 1 Meter 80 war man in der Zeit tatsächlich auffällig groß, aber auch kein Weltwunder oder Freak. Was Eberhardt mit der Aussage zum Ausdruck bringen will, bleibt völlig unklar. Er scheint suggerieren zu wollen, dass man Philipp Ludwig vielleicht größer dargestellt hat, als er war. Aber selbst wenn: So what?
Bedenkt man, wie wild solche Beiträge geschnitten werden, damit man alles in ein bestimmtes Zeitfenster bekommt, muss man sich schon fragen, warum man dieser Belanglosigkeit so viel Raum gönnt. Ich vermute, es soll beim Zuschauer den Eindruck erwecken, dass mit der Statue etwas nicht stimmt, weil man stellt kurz darauf folgende Behauptung auf:

[36.24]

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Vermutlich stellt die 1 Meter 80 große Figur einen ehemaligen Bewohner des Schlosses dar: Johann Konrad Dippel.“

POOYA!

Daran ist so viel falsch, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Vielleicht nur die einfachsten Dinge:

1. Die Statue sieht Dippel überhaupt nicht ähnlich.
2. Warum sollte man ihn als Ritter in Rüstung darstellen?
3. Es ist ein Grabmal. Philipp Ludwig, den das Grabmal tatsächlich darstellt, starb mehr als 70 Jahre vor Dippels Geburt. Möglich, dass Dippel das Grabmal selbst mal gesehen hat.
4. Es steht erst seit 1851 in der Burgkapelle, vorher stand es in der Nieder-Beerbacher-Kirche.
5. Es hat eine zeitgenössische Inschrift, die die Figur als Darstellung von Philipp Ludwig identifiziert.

[36.38]

  • [Dominic Selwood]
    „Viele seiner Ahnen waren protestantische Geistliche.“

Dippel stammte aus einer Pfarrersfamilie, also, hey, da könnten wir tatsächlich eine Kategorie 1 haben!

  • „Sein Vater wollte unbedingt, dass er in deren Fußstapfen trat. Deshalb unterrichtete er ihn selbst, hier auf der Burg.“

Aber von Kategorie 1 direkt in ein POOYA geschlittert, Dippel besuchte zunächst die Lateinschule in Nieder-Ramstadt und ging dann auf das Pädagogium in Darmstadt, wo er am 27. März 1691 den Abschluss machte. Aber dazu müsste man ja mal in eine Quelle schauen. Ist wohl unter der Würde eines von der Royal Historical Society ausgezeichneten Historikers.

[36.55]

  • [Ralph Eberhardt]
    „Konrad Dippel war seiner Zeit schon wirklich gedanklich ein großes Stück voraus.“

Eberhardt steht immer noch vor dem Grabmal Philipp Ludwigs, was mich vermuten lässt, die Produzenten der Sendung haben ihn bewusst an dieser Stelle nach Dippel gefragt, um zu suggerieren, dass er immer noch über die Statue spricht.

Inwieweit Dippel seiner Zeit gedanklich voraus war, sei dahingestellt. Er war in erster Linie Theologe und schrieb daher hauptsächlich über Theologie. Als junger Mann hing er einem chiliastischen Weltbild an, lebte also in der Erwartung des nahenden Weltendes, mit dem er im Jahr 1700 rechnete. Er hielt Vorlesungen über Handlesen und Astrologie, versuchte sich an der Wandlung von Silber in Gold. Allein mit dem Hinweis, dass auch Newton an die Alchemie glaubte, kann man Dippel noch nicht als seiner Zeit voraus beschreiben. Aber vielleicht führt Eberhardt ja noch aus, was er genau meint.

  • „Das heißt, er hat sich öfter mit der Kirche angelegt, weil er gesagt hat zum Beispiel, die Erde ist ne Kugel und keine Scheibe.“

POOYA!

Ich will nicht wieder damit anfangen, dass die Vorstellung, die Menschen im Mittelalter hätten die Erde für eine Scheibe gehalten, ein sich hartnäckig haltender Irrtum ist. Es reicht aus, auf die Lebensdaten Dippels hinzuweisen: 1673 bis 1734, also mehr als 150 Jahre nach der Weltumseglung der Magellan-Expedition. Man hat sich in dieser Zeit sicher mit absolut niemanden angelegt, wenn man gesagt hat, dass die Erde eine Kugel ist.

[37.30]

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Ein Laborunfall bringt ein seltsames, blaues Pigment hervor.“

Wahrscheinlich eine Kategorie 2, wobei es keinen Beleg für die Anekdote gibt, nach der Berliner Blau, um das es hier geht, versehentlich entdeckt wurde.

[38.00]

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Preußisch Blau, auch Berliner Blau genannt, macht Dippel bekannt. Bald ist er aber auch berüchtigt.“

Ich werte das mal als Kategorie 3 minus, denn eigentlich ist alles daran falsch und das Fünkchen Rest, das bleibt, basiert allein auf einer Anekdote des Chemikers Georg Ernst Stahl, von der niemand weiß, ob sie den Tatsachen entspricht. Demnach hätte Dippels Tieröl bei der Herstellung des Berliner Blaus eine Rolle gespielt. Mit der Herstellung selbst hatte Dippel aber nichts zu tun. Bestenfalls hat er Johann Jacob Diesbach, dem tatsächlichen Entdecker des Berliner Blau, einen chemischen Stoff geliefert, der versehentlich mit Dippels Tieröl verunreinigt war.

Völlig falsch ist, dass das Berliner Blau Dippel bekannt gemacht hätte. Das war er da längst. Eher dürfte seine Bekanntheit dazu beigetragen haben, dass er mit dem Berliner Blau in Verbindung gebracht wurde und nicht umgekehrt.

  • [Dominic Selwood]
    „Farben interessierten ihn gar nicht so sehr, sein eigentliches Interesse galt der Suche nach der Unsterblichkeit.“

Nochmal Kategorie 3 minus. Dippel war Theologe. Um Geld zu verdienen, war er nebenbei noch Arzt und Alchemist. Man kann unterstellen, dass ein Arzt darauf aus ist, seinen Patienten ein möglichst langes Leben zu verschaffen. Mit der Suche nach Unsterblichkeit hat das aber nichts zu tun.

[39.03]

  • [Dominic Selwood]
    „Seine Experimente kreisten um die Seelenübertragung. Er versuchte, die Seele von einem Tier auf ein anderes zu übertragen.“

POOYA.

In der Schrift „Die Kranckheit und Arzney des thierisch-sinnlichen Lebens“ macht Dippel lange Ausführungen über die Natur der Seele. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass es die Transmigration der menschlichen Seele gibt. Vermutlich beruht darauf die Behauptung. Aber abgesehen davon, dass das damals keine ungewöhnliche Ansicht war, schreibt er in demselben Werk auch:

  • „Sollte man aber muthmassen ich wolte etwa der Platonischen und Pythagorischen Philosophen Lehre / […] / daß die Seele aus einem Leib in den andern wandere / beypflichten / […] / so wisse man / daß ich dieser Meinung ganz und gar nicht zugethan bin.“

Das Grauen für schöne Narrative sind Originalquellen. Nie steht drin, was man gerne hätte.

[39.25]

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Nach jahrelanger Arbeit gelingt Dippel der Durchbruch. Er stellt eine Substanz her, die er Dippels Tieröl nennt“

Eine Kategorie 2 würde ich sagen. Dippels Tieröl gibt es tatsächlich und es war am Ende seine größte Leistung. Nur war das ja die Substanz, die angeblich bei der Herstellung des Berliner Blau verwendet wurde. Die Reihenfolge der Erzählung ist also völlig durcheinander.

[39.37]

  • [Jim Meigs]
    „Einmal versuchte er, die Burg gegen die Formel einzutauschen. Er behauptete auch, dank seines Elixiers 130 Jahre alt werden zu können.“

Kategorie 2, weil ich annehme, dass es bewusst schlecht geschnitten ist, und Meigs mit „Formel“ nicht Dippels Tieröl meint. Tatsächlich versuchte Dippel kurz vor seinem Tod eine alchemistische Formel, die Silber in Gold verwandeln könnte, an den Landgrafen zu veräußern. Zunächst wollte er dafür die Burg als Lehen, vielleicht um sich durch den damit verbundenen rechtlichen Status seinen Gläubigern leichter entziehen zu können. Der Landgraf ließ sich darauf aber nicht ein und bot Dippel lediglich Geld für die Formel. Dippels Tod verhinderte den Abschluss der Verhandlungen darüber.

Die Sache mit den 130 Jahre alt werden, wird immer wieder ausgegraben. Er hat das auch einmal so ähnlich geschrieben, allerdings nicht im Zusammenhang mit irgendeinem Elixier und auch nur als ironische Erwiderung auf weit verbreitete Gerüchte, er sei gestorben.

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Doch dann gibt es neue Gerüchte. Dippel experimentiert angeblich mit den Körpern Verstorbener.“

POOYA.

Dass es diese Gerüchte gegeben hätte, ist irgendwann in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts erfunden wurden, um Dippel an Victor Frankenstein anzunähern. Es gab diese Gerüchte nicht.

  • [Ralph Eberhardt]
    „Es soll angeblich einen Gang geben, der direkt runterführt nach Beerbach. Der Gang, den es hier oben geben sollte, [soll] auch natürlich dafür gedient haben, Leichenteile zu besorgen.“

Kategorie 2. Gerüchte dieses Geheimgangs gab es tatsächlich, was aber für viele alte Burgen der Fall ist. Manchmal hat es solche Gänge auch tatsächlich gegeben. Für die Burg Frankenstein ist das aber wegen der Bodenbeschaffenheit eher unwahrscheinlich. Im 18. Jahrhundert haben zudem insgesamt drei Grabungskampagnen versucht, diesen Gang zu finden. Ohne Erfolg.

Aber selbst wenn es diesen Gang gegeben hat, war er zu Dippels Zeit längst verschüttet. Abgesehen davon hatte er überhaupt kein Labor auf der Burg und die Burg war in dieser Zeit auch denkbar ungeeignet dafür. Warum hätte er dorthin Leichenteile schaffen sollen?

[40.50]

  • [Anonyme Frau]
    „Dippel starb 1734 an einem Schlaganfall.“

Yeah, eine Kategorie 1, Glückwunsch! Wobei man anmerken muss, dass Schlaganfall damals weiter gefasst war als heute. Aber es war ein plötzlicher Tod ohne Fremdeinwirkung.

  • „Einige behaupteten jedoch, er sei vergiftet worden.“

Und wir reisen weiter in Kategorie 2. Es gab Gerüchte, er hätte sich versehentlich selbst vergiftet. Und es gab Gerüchte, er sei ermordet worden. Außerdem gab es auch Gerüchte, er lebe noch.

  • „Denn er war bei den Einheimischen wohl sehr unbeliebt.“

Und schon sind wir bei Kategorie 3 angekommen, es geht weiter abwärts. Zum einen suggeriert die Sendung, dass alles immer noch in der Region der Burg Frankenstein stattfand, Dippel starb aber auf Schloss Wittgenstein. Zum anderen verteilte er in der Zeit, nachdem er beim Landgraf in Ungnade gefallen war und sich im Odenwald auch der Alchemie widmete, viel Geld unter der armen Bevölkerung dort. Die hatten nicht viel Grund, sauer auf ihn zu sein. Dippels Probleme bestanden vor allem mit Autoritäten.

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Nach Dippels Tod gerät Burg Frankenstein in Vergessenheit.“

Nicht mehr als vorher. Definitionssache, ob das unbekannt genug ist, um „vergessen“ zu sein. Goethe zumindest kannte sie noch.

[41.17]

  • [Dominic Selwood]
    „Auf der Reise übernachteten sie [gemeint sind Mary & Percy Shelley] auch in Gernsheim, nur 15 km von Burg Frankenstein entfernt.“

Aaaah, ich sage mal fast Kategorie 1, sie haben nicht wirklich dort übernachtet, sondern hatten 3 Stunden Aufenthalt bei Nacht.

  • „Man kann die Burg von dort aus sogar sehen.“

Nicht bei Nacht.

  • „Es ist gut möglich, dass sie von Einheimischen und Mitreisenden Geschichten über die Burg und ihrer einstigen Bewohner gehört hat.“

Warum erwähnt sie sie dann nicht in ihrem Tagebuch? Zusammen mit dem Tagebuch ihrer Stiefschwester Claire Clairmont ist das die einzige Quelle, die wir über Mary Shelleys Kurzbesuch in Gernsheim haben. Man kann nicht einmal eine Quelle heranziehen, um sie im nächsten Satz zu ignorieren, Herr Historiker.

[42.00]

  • [Norbert Langer aus dem Off]
    „Shelleys Wissenschaftler, der einem Toten neues Leben einhaucht, erinnert an Johann Konrad Dippel.“

POOYA.

Victor Frankenstein hat weder in seiner Biographie, noch in seiner Charakterzeichnung irgendeine Ähnlichkeit mit Dippel.

[42.10]

  • [Jim Meigs]
    „Einiges spricht dafür, dass sie Teile der Geschichte aufgeschnappt hat. Der Name Frankenstein ist auf jeden Fall ein Hinweis darauf. „

Aber kein sehr guter, weil er gar nicht so ungewöhnlich war, wie man heute vielleicht meint.

Das verrückte Ampelmännchen

In Pirmasens wurde Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt nun zum „regionaltypischen Ampelmännchen“ auserkoren: https://www.rheinpfalz.de/lokal/pfalz-ticker_artikel,-landgraf-ludwig-soll-in-pirmasens-die-ampeln-zieren-_arid,5069531.html

Lui 9 war Herrscher von Hessen-Darmstadt, hielt sich aber über weite Strecken seines Lebens in Pirmasens auf, was damals eine weit abseits des Herrschaftsgebiets liegende kleine Exklave war. Das zuvor kleine Dörfchen baute er zur Garnisonsstadt aus. Militärischer Nutzen: überschaubar, um nicht zu sagen: nicht vorhanden. Es ging Lui 9 nur darum, mit Soldaten spielen zu können.

Auch sonst war er nicht ganz bei Trost. Er litt zumindest zeitweise an Halluzinationen, ließ Geisterjagden veranstalten, Bürgermeister auswürfeln und behauptete (exakt!) 92.176 Märsche geschrieben zu haben. Eat This, Bob Dylan, mit deinen popligen 600 Songs!

 

Gefällt mir …

Googelt man Hexenhammer bekommt man u.a. das zu sehen:

hexenhgammer

Ääääh, ja… wahrscheinlich finde nur ich das schräg… oder 20% der Nutzer.

Shakespeares Totenmaske und das Flower-Porträt in Wikipedia-Logik

Wikipedia verwirrt mich.

In der aktuellen Version (Stand 10.03.2019) des Artikels über William Shakespeare liest man unter anderem dies:

Weitere Porträts, über deren Authentizität kein breiter Konsens vorliegt und die zum Teil sehr umstritten sind, sind u. a.:

[…]

  • das Flower-Porträt von 1609, das zunächst nach einer Untersuchung der National Portrait Gallery im Jahr 2004 als Fälschung des 19. Jahrhunderts angesehenen wurde. In jüngster Zeit haben neuere Forschungen jedoch zu der Annahme geführt, das nicht, wie zuvor angenommen, dieses Porträt nach der Vorlage des Droeshout-Stichs von 1623 entstanden sei, sondern vermutlich umgekehrt dem Stich von 1623 als Vorlage gedient habe.

„Belegt“ wird dies mit einem Verweis auf „Ina Schabert(Hrsg.): ‚Shakespeare-Handbuch. Die Zeit, der Mensch, das Werk, die Nachwelt.‘ 5., durchgesehene und ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2009“.

Blöd nur, dass sich diese Behauptung schon in der 4. Auflage des Buches finden lässt, die bereits im Jahr 2000 erschienen ist (siehe hier), also vor der Untersuchung aus dem Jahr 2004, in der festgestellt wurde, dass Teile des Gemäldes mit Chromgelb (Blei(II)-Chromat) gemalt wurden. Chromgelb wurde 1797 entdeckt und findet erst seit 1818 Anwendung als Pigment. Folglich kann auch das Flower-Porträt nicht früher entstanden sein.

Weiter heißt es:
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Zu doof zum…

Die taz berichtet darüber, dass die AfD Darmstadt ihre eigenen Facebook-Posts positiv kommentiert: http://taz.de/Facebook-Posts-der-AfD-Darmstadt/!5576308/

Laut taz hat man die Kommentare zwischenzeitlich gelöscht und hüllt sich in Schweigen. Naja, es bräuchte ja auch Mut zur Wahrheit zuzugeben, dass man da seine eigenen sinnbefreiten Postings ein wenig pimpen wollte.

There must be some way out of here

Heute um kurz vor 12.00 Uhr in der Elisabethenstraße. Das Wetter ist gut, ein bisschen frisch noch, aber strahlend blauer Himmel, der Frühling kündigt sich an, die Menschen sind gut gelaunt…

Oder so…
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Die AfD darf das Grundgesetz nicht ändern

Die Facebook-Seite der AfD Darmstadt, ohnehin ein schönes Beispiel für eine immer leicht hysterische Filterblase, verlinkt die Rede eines AfD-Abgeordneten:

afd3

Die Migration darf also das Grundgesetz nicht ändern. Was lustig ist, weil die AfD Hessen in ihrem Wahlprogramm das stehen hat:

„Die AfD steht für eine Beendigung des Missbrauchs des Asylgrundrechts durch eine Grundgesetzänderung …“

Erklärt ihnen bloß nicht die Pointe. 😀

Ui, hoffentlich ist die Wahl bald rum, jetzt habe ich so viele Beiträge zur AfD gebracht, dass man das fast schon „Dossier“ nennen könnte ;-):

Mut zur Halbwahrheit – das Wahlprogramm der AfD zur Landtagswahl in Hessen
Fazit zum AfD-Wahlprogramm
Imaginierte AfD-Dystopie
Die erfolglose Suche der AfD nach Werten

Gestatten, Jorge!

Mit meinem Nachnamen ist es ja manchmal etwas kompliziert. Meistens versuche ich Rückfragen zu vermeiden, indem ich „wie der Vorname“ hinzufüge. Nützt oft auch nichts. Regelmäßig kommt die Erwiderung: „Das ist ja ein Frauennamen!“, wo ich mich dann immer sehr zurückhalten muss, um nicht zu sagen: „Ach, echt? Ernsthaft? Sie werden es nicht glauben, aber Sie sind wirklich der absolut Erste, dem das auffällt!“

Dabei ist das noch die angenehmere Variante. In letzter Zeit höre ich auch häufig: „Ach, wie die Frau Fischer!“ …*grmblgrmpfflgr* Nein, die Frau Fischer heißt so mit Vornamen, ich mit Nachnamen und, nein, ich bin nicht verwandt, ich mag nicht mal ihre Musik. Ich finde sie sogar ziemlich furchtbar. Sagen tu ich dann aber meistens nur: „Äh, nicht ganz.“ oder gar: „So ungefähr.“

Und dann gibt es noch den Brief- oder Emailverkehr, in dem ich gerne mal als „Frau Jörg“ angeschrieben werde. Trotz Akzent in Heléne („den Dubbe hammer amtlich“ wie meine Mutter zu sagen pflegt) und trotzdem Jörg überall vorne steht (daher der Begriff Vorname) scheinen viele der Meinung zu sein, Jörg müsse der Nachname sein.

Jetzt habe ich aber eine völlig neue Variante entdeckt. Und das nicht irgendwo, sondern in der englischsprachigen Wikipedia. Ich hatte vor einiger Zeit einige Punkte zum Dippel/Frankenstein-Mythos auf Englisch verfasst und dieser Artikel hat es tatsächlich als Verweis in die englischsprachige Wikipedia geschafft (und, nein, ich habe das nicht selbst eingetragen!). Und wie wird mein Name da geschrieben? Nun:jorge:

Eigentlich blöd, dass mir das als Teenager nicht eingefallen ist, Jorge wäre bei den Mädels sicher besser angekommen als das langweilige Jörg. Jorge klingt nach Spaß, Jörg nach Sportmoderator.

Nochmal die Totenmaske…

(Nachtrag zu diesem Beitrag: Die Totenmaske Shakespeares in Darmstadt)

Hach, wenn man Bücher vermarkten muss… Michael Kibler hat hessenschau.de ein Interview zu seinem neuen Krimi gegeben. Darin sagt er u.a. über die Totenmaske:

… liegt die Totenmaske unten in der Uni-Bibliothek neben den Garderobenspinden für die Studenten hinter einem Fenster, noch nicht mal hell erleuchtet. Es ist unfassbar, wie die Stadt Darmstadt mit ihren hohen Kulturgütern umgeht.

Vielleicht will sich die Stadt Darmstadt aber auch nur nicht vor der gesamten Fachwelt zum Horst machen.

Vor 20 Jahren hätte man gesagt: Es gibt so viele Indizien, die dafür sprechen. Heute sagt jeder: Es ist ja nicht über einen DNA-Test abgesichert. Was ja auch stimmt. Es sprechen starke Indizien dafür, der Rest ist Glaubenssache. Ich persönlich halte sie für echt.

Nee, vor 20 Jahren hat man das auch schon für Unsinn gehalten, Hammerschmidt-Hummel hatte bereits Mitte der 1990er ihre Thesen vorgestellt. Die Fachwelt war wenig überzeugt. Und um einen DNA-Test geht es gar nicht. Sondern darum, dass alles, was für eine Authentizität angeführt werden kann, eine in ihrer Aussagekraft fragwürdige Untersuchungsmethodik ist, die nachweislich in zumindest einem Fall ein eindeutig falsches Ergebnis hervorgebracht hat, und eine mehr als dubiose Auffindungsgeschichte gepaart mit dem Mangel einer historischen Dokumentation der Existenz der Totenmaske. Wo war die Maske denn, bevor sie Mitte des 19. Jahrhunderts bei einem Mainzer Trödler unter einem Haufen wertlosen Ramsch aufgetaucht sein soll, nachdem der Hofmaler Louis Becker zwei Jahre lang praktisch jedem Trödler auf die Nase gebunden hatte, dass er die Maske sucht, deren Existenz er anhand eines Porträts, das gar nicht Shakespeare zeigt, vermutete?

Die Auffindungsgeschichte ist nicht plausibel, die Methodik zum Nachweis der Echtheit fragwürdig, die Existenz einer Totenmaske historisch nicht belegt und eher unwahrscheinlich, da es zu Zeiten Shakespeares zumindest bei Bürgerlichen noch eher unüblich war, dass Totenmasken angefertigt wurden. Mag sein, dass man das bei jemandem so populärem wie Shakespeare dennoch getan hat, dann stellt sich aber zwingend die Frage, wieso dann so eine populäre Totenmaske mehr als 200 Jahre vollkommen undokumentiert geblieben ist!

Ich verlange ja nicht viel, aber ein bisschen gesunde Skepsis würde mich vielleicht dazu bringen, solche Bücher zu lesen. 😉

Historische Gründe

Kennt Ihr das? Dass Ihr irgendwas schon tausendmal gehört, gelesen oder erlebt habt? In Darmstadt geschieht das regelmäßig an der Hindenburgstraße. Dort haben am späten Montagabend drei – wie das Echo schreibt – „Senioren“ das Straßenschild überklebt und aus der Hindenburgstraße die „Halit-Yozgat-Straße“ gemacht. Nicht zum ersten Mal. Wurden natürlich auf frischer Tat ertappt.

Klaus Honold, früher mal beim Echo, heute „städtischer Sprecher“ sagt dazu:

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